#beziehungsweise –jüdisch und christlich: näher als du denkst

Aus Zeiten mit geöffneten Frisörsalons: Schulfasching 2019

Die „fünfte Jahreszeit“ – entweder man liebt sie oder man boykottiert sie. Karneval ist für viele Menschen die wahrscheinlich schönste Zeit im Jahr. Für Faschingsmuffel definitiv die nervigste.
Doch warum feiern wir Karneval und was hat das Verkleiden mit dem christlichen und jüdischen Glauben zu tun?

Am Aschermittwoch beginnt die Fastenzeit, die an das vierzigtägige Fasten Jesu in der Wüste erinnert und der Vorbereitung auf das Osterfest dient. Es ist eine Zeit der Besinnung, der Buße und der Umkehr. Die Freude über die Auferstehung Jesu und den Sieg über den Tod wird durch die österliche Bußzeit verstärkt. Zum Fasten gehört das Nachdenken über den Glauben und das eigene Leben. Viele Christen verzichten bis Ostern auf Fleisch, Alkohol, Süßigkeiten oder andere Dinge. Bevor diese Zeit des Verzichts beginnt, wird die Gelegenheit genutzt, um das Leben nochmal in vollen Zügen auszukosten, ausgiebig zu feiern, zu trinken und zu essen. Traditionell finden im Januar und Februar verschiedene Faschingsbälle, Karnevalsumzüge und zahlreiche Veranstaltungen statt. Das Wort Karneval leitet sich aus dem Lateinischen ab und bedeutet so viel wie „Fleisch – lebe wohl“. Am Faschingsdienstag kommt noch einmal alles auf den Tisch, was ab Aschermittwoch verboten ist.

Auch im Judentum gibt es ein Freudenfest, welches häufig als „jüdischer Fasching“ bezeichnet wird, jedoch einen ernsten Hintergrund hat. Dieses Fest heißt Purim. 2021 fällt es auf den 26. Februar. An diesem besonderen Tag versammeln sich gläubige Jüdinnen und Juden, gekleidet in bunten Kostümen, in der Synagoge. Im Mittelpunkt steht die Verlesung der Esther-Rolle. Kinder führen in Rollenspielen die Geschichte von der mutigen Königin Esther auf, die das jüdische Volk vor der geplanten Vernichtung durch den Feind Haman bewahrt hatte. Das Losfest Purim erinnert daran, dass Haman das Los werfen ließ, um den Zeitpunkt der Judenvernichtung zu ermitteln. Sein grausames Ziel war es die jüdische Bevölkerung an nur einem Tag auszurotten. Diese biblische Erzählung ist das erste greifbare Zeugnis dafür, dass Juden ohne besondere Gründe verfolgt wurden. Somit behandelt die Esther-Erzählung ein sehr aktuelles Thema: die drohende Gefahr durch die Judenfeindlichkeit.

Wenn bei der Lesung der Name des Antisemiten Haman fällt, wird dieser vom gehörigen Krach der Rasseln und Ratschen der Gläubigen übertönt. Sein Name soll für alle Zeit ausgelöscht und jeglicher Gedanken an ihm vertrieben werden. Nach dem Gottesdienst steht das gemeinsame Festmahl im Zentrum. Auch das Beschenken von Familienmitgliedern und armen Menschen ist ein wichtiger Brauch.

Obwohl der Hintergrund des Karnevals und die Geschichte des jüdischen Purimfestes sehr unterschiedlich sind, lassen sich dennoch gemeinsame Bräuche erkennen: Beispielsweise das Verkleiden, die lustigen Veranstaltungen sowie Umzüge und der Alkoholkonsum. Denn eines der Gebote für Purim lautet, so viel Wein zu trinken, dass man sozusagen nicht mehr zwischen Gut und Böse unterscheiden kann. „Beiden [Festen] gemeinsam ist ein Gefühl, dass für eine bestimmte Zeit alles auf den Kopf gestellt werden kann“, so der Rabbiner Walter Rothschild in der „Jüdischen Allgemeinen“.

Trotz der Gemeinsamkeiten darf Purim nicht mit dem Karnevalsfest gleichgesetzt werden. Das ausgelassene Feiern beim Losfest hat eine tiefere Bedeutung. Es ist ein Ausdruck der Freude über die wundersame Errettung des jüdischen Volkes. Die Esther-Erzählung führt deutlich vor Augen, dass friedliches Leben keine Selbstverständlichkeit ist. Trotz Angst und Bedrohung setzte sich das jüdische Volk gegen die Herrschenden erfolgreich zur Wehr. Dieser triumphale Sieg über den Antisemitismus wird beim Purimfest gebührend gefeiert – mit Musik, Tanz und Alkohol.

Apropos Musik, kennst du schon den Purim Song?

Auf der Seite der Fachschaft Religion findest du den Link dazu. Dein Wissen rund um das Thema Purim kannst du abschließend bei einem kleinen Quiz testen. Viel Spaß dabei!

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