Sachor beziehungsweise 9. November

„Sachor – Erinnere dich“ gehört zu den wichtigsten Geboten im Judentum. Dass Erinnerungen nicht nur mit positiven und erfreulichen Ereignissen verbunden sind, sondern auch zutiefst schmerzhaft sein können, wird am internationalen Gedenktag Yom HaShoah offenbar. An diesem Tag gedenken Jüdinnen und Juden auf der ganzen Welt der sechs Millionen Opfer der Schoah. Um eine Zukunft in Frieden, Solidarität und Menschlichkeit sowie ohne Antisemitismus gestalten zu können, bedarf es der Erinnerungen an das Unrecht. Vor allem bei nachwachsenden Generationen lässt sich eine große Unwissenheit bezüglich der nationalsozialistischen Verbrechen und fehlendes Einfühlungsvermögen mit den Holocaustopfern feststellen.

Dr. Josef Schuster, der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, warnt vor diesen dramatischen Entwicklungen. „Geschichtsvergessenheit ist gefährlich. Wir beobachten schon jetzt mit großer Sorge, wie Rechtspopulisten diese Situation ausnutzen. Sie wollen die NS-Verbrechen kleinreden und instrumentalisieren Widerstandskämpfer gegen die Nazis auf widerwärtige Weise für ihre Zwecke. Das mangelnde historische Wissen und die fehlende Empathie mit den Opfern der Schoa führen zu Gleichgültigkeit. Doch Gleichgültigkeit gegenüber Auschwitz darf es niemals geben.“

Um unseren Schülerinnen der 10. Jahrgangsstufe einen emotionalen Zugang zum Geschehen der NS-Zeit zu ermöglichen, organisiert die Fachschaft Geschichte am 9. November 2021 eine Studienfahrt zur KZ-Gedenkstätte Dachau. An diesem historischen Datum gedenken Christinnen und Christen der sich im Jahre 1938 zugetragenen Menschenrechtsverletzungen gegenüber der jüdischen Bevölkerung.

In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 spielten sich unvorstellbare Horrorszenarien ab. Im gesamten Deutschen Reich brannten über 1300 Synagogen, mehr als 7000 jüdische Geschäfte wurden zerstört, Friedhöfe geschändet. Kampftruppen der Sturmabteilung (SA) und der Schutzstaffel (SS) veranstalteten ein Pogrom gegen die jüdische Bevölkerung in einem noch nie dagewesenen Ausmaß. Mit zentral angeordneten Terroraktionen wurden tausende Jüdinnen und Juden systematisch verhaftet, misshandelt und ermordet.

Der staatliche Antisemitismus der Nationalsozialisten fand in dieser Schreckensnacht, die in die Geschichtsbücher als „Reichspogromnacht“ einging, seinen Höhepunkt. Etwa 26000 jüdische Männer und Jugendliche wurden in die Konzentrationslager Buchenwald, Dachau und Sachsenhausen deportiert, in denen die Inhaftierten Folter, Misshandlungen sowie psychischen Schikanen ausgesetzt waren. Viele von ihnen fanden dort qualvoll ihren Tod. Die Schoah, der durch die Nationalsozialisten organisierte, barbarische Völkermord an europäischen Juden nahm unaufhaltsam ihren Lauf.

Nach der Reichspogromnacht wurden fast alle jüdischen Organisationen aufgelöst. Der jüdischen Bevölkerung wurde es verboten Handel, ein Gewerbe oder ein Handwerk zu betreiben. Dadurch wurde allen Jüdinnen und Juden jegliche Existenzgrundlage genommen.

Die Geschichte lehrt uns, welches menschenverachtende, brutale Ausmaß Antisemitismus annehmen kann und wie wichtig es ist, Judenfeindlichkeit sowie Rassismus entgegenzuwirken. Sechs Millionen Juden fielen dem grauenvollen NS-Regime zum Opfer. Aus diesem Grund dürfen die entsetzlichen Geschehnisse vom 9. November 1938 und die NS-Kriegsverbrechen niemals in Vergessenheit geraten.

Der Friedensnobelpreisträger Elie Wiesel betrachtete es als moralische Pflicht, die Erinnerung der Holocaustüberlebenden aufrechtzuerhalten. „Jeder, der heute einem Zeugen zuhört, wird selbst zum Zeugen werden.“ Da die Stimmen der Zeitzeugen langsam verstummen, liegt es in unserer Verantwortung diese Erinnerungen von Generation zu Generation wachzuhalten. Denn das „Geheimnis der Erlösung heißt Erinnerung", wie es im Talmud geschrieben steht. Die Relevanz der Geschichte für die Gegenwart muss für junge Menschen durch gezielte Präventionsarbeit sowie historisch-politische Bildung begreifbar werden. Es ist unsere Aufgabe aus der Vergangenheit zu lernen, um frühzeitig menschenfeindliche Ideologien in der Gesellschaft zu erkennen und aktiv dagegen vorzugehen. Antisemitismus und Rassismus verschwinden nicht von allein. Eine selbstreflexive, intensive Auseinandersetzung mit diesen Themen ist notwendig, um eine antisemitismus- und rassismuskritische Haltung zu entwickeln. Beginne gleich jetzt damit und informiere dich auf der Homepageseite der Fachschaft Katholische Religionslehre über die jüdische Erinnerungskultur. 

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